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Klein, aber nicht immer oho


Wenn die Schilddrüse den Körper aus dem Lot bringt

Schilddrüsenoperation

Ebersberg – Was Form und Zartheit betrifft, ähnelt die menschliche Schilddrüse einem kleinen Schmetterling. Ihre komplexe Funktion allerdings macht sie zu einem der einflussreichsten Organe unseres Körpers. Dr. Peter Kreissl, Chefarzt für Allgemein-, Visceral- und Gefäßchirurgie an der Kreisklinik Ebersberg, im Gespräch mit der Journalistin Ina Berwanger.

Welche Funktion hat die Schilddrüse im Körper?
Dr. Kreissl: Die Schilddrüsenhormone regeln viele Stoffwechselvorgänge und halten diese im Gleichgewicht. Damit beeinflusst das Organ zum Beispiel das Wachstum, den Eiweiß-, Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel, die Herz-Kreislauf-Funktion und nicht unerheblich auch die Psyche. Und so komplex wie ihre Funktion ist, so differenziert können auch die Faktoren sein, die die Schilddrüse aus dem Gleichgewicht bringen.

Meist denkt man da an Jodmangel, der zu einem Kropf führt. Ist das heute denn noch ein Problem?
Dr. Kreissl: Jedenfalls ist es so, dass nach wie vor jeder dritte Erwachsene zwischen 20 und 60 Jahren entweder unter einer Schilddrüsenvergrößerung oder unter Knoten in diesem Organ leidet, oberhalb der Altersgruppe sogar jeder zweite. Die Ursachen können sehr komplex sein und erfordern in jedem Einzelfall eine umfassende Abklärung, so wie wir es gemeinsam mit Internisten und Radiologen tun. Mangelnde Jodzufuhr war immer schon nur eine mögliche Ursache, auch durch erbliche Faktoren, eine Schilddrüsenentzündung oder im Zuge von Wechselwirkung mit diversen Stoffwechselbelastungen kann es zur Struma, also einer krankhaft vergrößerten Schilddrüse, kommen.

Sie haben die Schilddrüsenknoten erwähnt. Sind diese immer gleich ein Grund zur Sorge?
Dr. Kreissl: Nein, nur in rund drei Prozent der Fälle bedeuten die knotigen Veränderungen eine tumoröse Erkrankung. Dennoch darf man eine Schilddrüsenvergrößerung oder gar Knoten in keinem Fall bagatellisieren, sondern sollte sie rechtzeitig sorgfältig abklären lassen. In der Kreisklinik können wir auf seit 20 Jahren gewachsene Erfahrung bei der Untersuchung und Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen zurückgreifen.

Welche Untersuchungsmethoden gibt es heute dafür?
Dr. Kreissl: Anhand eines Bluttest können wir die Hormonwerte der Schilddrüse kontrollieren. Und mittels Ultraschall ist es möglich, die Schilddrüsengröße und das Gewebe sehr differenziert zu beurteilen. Sehen wir dabei auch Knoten, untersuchen wir diese über eine Szintigrafie.

Wann raten Sie zu einer Operation?
Dr. Kreissl: Wenn der Struma zu groß wird und zur Atemnot führt. Oder wenn wir den Verdacht auf krebsverdächtige Schilddrüsenknoten haben. Ansonsten kann ein Struma oft auch mit der Gabe von Jod und/oder Schilddrüsenhormonen oder gegebenenfalls mit einer Bestrahlung in Form einer Radiojodtherapie behandelt werden.

Was sagen Sie Patienten, die sich vor einer Stimmbandverletzung bei einer OP fürchten?
Dr. Kreissl: Nutzen und Risiko einer Operation müssen grundsätzlich in jedem Einzelfall sorgsam abgewogen werden. Tatsächlich befindet sich der Stimmbandnerv sehr nahe an der Schilddrüse, aber der erfahrene Operateur kann die Verletzungsgefahr durch den Einsatz moderner Operations- und Überwachungstechniken inzwischen wirksam senken. In der Kreisklinik Ebersberg gehört die Schilddrüsenchirurgie seit fast drei Jahrzehnten zu den speziellen Schwerpunkten. Zur Unterstützung setzen wir einen Stimmband-Überwachungsmonitor ein sowie einen modernen Ultraschall-Generator. Letzterer ist ein hochempfindliches Präzisionsgerät, welches eine schonende Präparationstechnik sowie das gleichzeitige Schneiden und Verschließen eines Blutgefäßes ermöglicht. Das bedeutet für den Patienten größtmögliche Sicherheit und auch gute ästhetische Ergebnisse.

Mit welchen Folgen muss man rechnen, wenn die ganze Schilddrüse entfernt werden muss?
Dr. Kreissl: Nach Entfernung der Schilddrüse bedarf es einer lebenslangen Substitutionsbehandlung mit Schilddrüsenhormonen, in der Regel eine Tablette täglich. Die Dosierung richtet sich nach den Schilddrüsenhormonwerten im Blut und wird durch den Hausarzt eingestellt. Da es sich um einen körpereigenen Stoff handelt, gibt es keine Nebenwirkungen.


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