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Geborgen im Licht-Schlafsack und in Mamas Arm


Neue Therapiemöglichkeit bei Neugeborenen-Gelbsucht in der Kreisklinik Ebersberg

Neue Therapiemöglichkeit bei Neugeborenen-Gelbsucht in der Kreisklinik Ebersberg
Von rechts: Chefärztin Dr. Helen Budiman und Oberärztin Carla Maier stellen an der kleinen Lena – hier mit Mutter Sabrina – den neuen Schlafsack zur Gelbsucht-Therapie vor. Foto: kk/sf

Ebersberg, August 2019 – Etwa sechs von zehn Neugeborenen leiden kurz nach der Geburt an einer Gelbsucht, die zumeist milde ausgeprägt ist und von alleine wieder verschwindet. In stärker ausgeprägten Fällen ist die gängige Therapie eine Bestrahlung mit speziellem Licht in einem Inkubator. Die Geburtshilfe in der Kreisklinik Ebersberg kann seit August ein neues medizinisches Produkt, genannt BiliCocoon, einsetzen. Es ähnelt einem Schlafsack und zeigt den gleichen Therapieerfolg wie der Inkubator. Dr. Helen Budiman, Chefärztin der Gynäkologie und Geburtshilfe in Ebersberg erklärt die Vorteile.

Wie funktioniert der BiliCocoon?
Der Schlafsack ist aus lichtleitenden Fasern gewebt, wird über ein isoliertes Kabel mit dem Stromnetz verbunden und gibt dann blaues Licht ab. Er ist offen, das Kind wird ohne Kleidung wie in eine Windel hineingelegt und der Schlafsack wird durch Klettverschlüsse geschlossen. Um die Augen vor dem Licht zu schützen, bekommt der Säugling eine Art Augenbinde. Über einen Timer legt der behandelnde Arzt oder die Hebamme die Therapiezeit fest, die in der Regel mindestens zwölf Stunden beträgt.

Was bewirkt das blaue Licht?
Eine Neugeborenengelbsucht entsteht durch die Anreicherung von Bilirubin im Körper. Das ist ein Abbauprodukt, welches beim Zerfall von roten Blutkörperchen entsteht. Säuglinge produzieren ständig neue rote Blutkörperchen, während alte zerfallen. Normalerweise wird das Bilirubin von der Leber umgewandelt und dann durch den Stuhl ausgeschieden. Oft ist jedoch dieses Organ bei Neugeborenen noch nicht reif genug, um den Prozess durchzuführen. Das blaue Licht übernimmt quasi die Aufgabe der Leber und wandelt das Bilirubin in eine leicht auszuscheidende Form um.

Was ist der Vorteil des Schlafsacks gegenüber einem herkömmlichen Inkubator?
Der Vorteil ist, dass Mutter und Kind beieinander sein können und die Lichttherapie schneller abgeschlossen werden kann. Während der Therapie im Inkubator sind sie getrennt. Zum Stillen oder Wickeln muss die Mutter ihr Kind herausnehmen und die Bestrahlung damit jedes Mal unterbrechen. Dadurch dauert die Therapie insgesamt länger. Manchmal auch nimmt das Kind die Brust der Mutter nicht mehr an und das Stillen wird vorzeitig beendet. Mit dem BiliCocoon bleibt der Säugling in der Geborgenheit seiner Mutter.

Ist eine Gelbsucht gefährlich für das Kind?
In den geringen Bilirubin-Konzentrationen, wie sie häufig vorkommen, nicht. Mitunter kann eine höhere Anreicherung entstehen, wenn das Kind eine andere Blutgruppe hat als die Mutter oder bei Kindern, die vor der 38. Schwangerschaftswoche zur Welt kommen. Unbehandelt kann eine Gelbsucht Schädigungen des Gehirns verursachen, wenn das Bilirubin sehr stark erhöht ist und sich im Gehirn ansammelt. Das kommt jedoch äußerst selten vor. Trotzdem sollten Mütter, die ambulant entbinden, ihr Kind zu Hause genau beobachten, denn die Bilirubin-Anreicherung hat meist erst zwischen dem zweiten und fünften Lebenstag ihren Höhepunkt.

Wie kann man eine Gelbsucht erkennen?
Neben der gelblichen Verfärbung der Haut schläft der Säugling ungewöhnlich viel und verweigert die Nahrung beziehungsweise spuckt sie wieder aus. Dazu können Fieber und fehlender Stuhlgang oder Urin kommen. In der Klinik messen wir den Bilirubinwert täglich in einem schonenden Verfahren über die Haut. Erst, wenn wir bei dem Test einen erhöhten Wert feststellen, nehmen wir eine Blutuntersuchung vor. Bei einer ambulanten Entbindung sollte der Kinderarzt oder die zuständige Hebamme die Messung durchführen.

Wie viele Neugeborene können in Ebersberg mit dem BiliCocoon behandelt werden?
Bisher jeweils immer ein Säugling. Das reicht jedoch erfahrungsgemäß aus, weil die sogenannte Hyperbilirubinämie insgesamt ein seltenes Ereignis ist. Sollte doch ein zweites Kind eine Lichttherapie benötigen, haben wir auch noch unseren Inkubator.
Wir sind dem Förderverein der Kreisklinik Ebersberg sehr dankbar, dass er die Hälfte der BiliCocoon-Anschaffungskosten in Höhe von ca. 8.000 Euro übernommen hat.

Das Gespräch führte Sybille Föll, Freie Journalistin


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